Interdisziplinaritäten in der Lehre? Ansatz und Vorgehen
Der Begriff Interdisziplinarität wird häufig verwendet. Doch zumeist wird damit eher ein genereller Anspruch als eine konkrete Zielsetzung zum Ausdruck gebracht. Was aber meint Interdisziplinarität? Wie steht es um sie in der Lehre? Und wie kann sie organisiert und qualitativ gesichert werden?
Ein Wissen darüber ist bereits schon lange an der TU Darmstadt vorhanden gewesen, aber in impliziter Form, nämlich in den vielfältigen interdisziplinären Lehrpraxen. KIVA VI hat diesen Schatz impliziten Wissens geborgen, es also explizit gemacht. Unsere Arbeit ging von der These aus: Interdisziplinaritäten gibt es nur im Plural. Die vielfältigen fachlichen, konzeptionellen, didaktischen und strukturellen Ausgestaltungen interdisziplinärer Lehre können nicht mit einer übergeordneten Definition erfasst werden. Mit KIVA VI wurde dieses Wissen aufgegriffen, ergänzt, verstetigt, transferierbar und kommunizierbar gemacht. Denn gerade für die interdisziplinäre und fachübergreifende Lehre galt und gilt: Je professioneller sie ausdifferenziert sind, umso wirkungsvoller kann interdisziplinäre und fachübergreifende Lehre diskutiert und eingesetzt werden."
Zwei zentrale Einsichten haben die Arbeit von KIVA VI von Anfang an geleitet. Erstens: Interdisziplinaritäten in der Lehre bedürfen gegenüber der Forschung einer Bestimmung eigener Art und eigenen Rechts. Für den Bereich der Forschung nimmt der Senat der TU Darmstadt eine zu diesem Zweck Unterscheidung in kleinere, mittlere und große Interdisziplinarität vor und fordert die Stärkung der großen Interdisziplinarität. Die Senatsdefinition lässt sich jedoch nicht eins zu eins auf die Lehre übertragen. So verfügen Studierende im Unterschied zu Forschenden beispielsweise noch nicht über eine abgeschlossene disziplinäre Sozialisation. Interdisziplinaritäten in der Lehre lassen sich deswegen nicht top down definieren, sondern sind mit Blick auf die Organisationslogik der Lehrpraxen bottom up in ihrer Vielfalt zu erschließen.
Die zweite Einsicht lautet daher: Da wir es mit Interdisziplinaritäten im Plural zu tun haben und da wir davon ausgehen, dass die bereits vollzogenen Lehrpraxen ihre Gelingenskriterien in sich tragen, helfen theoretische Vorweg-Definitionen von Interdisziplinarität für die Lehre nicht weiter. Statt mit einer abgehobenen Begriffsbestimmung bloß eine weitere Variante des I‑Wortes an den Anfang der Arbeit von KIVA zu stellen, wollte KIVA VI vom vorhandenen Organisationswissen ausgehen und es dokumentieren.
Das Wissen der Organisation TU Darmstadt hat KIVA VI auf verschiedenen Wegen ermittelt, u.a. mittels leitfadengestützter Interviews zum Status quo der interdisziplinären und fachübergreifenden Lehre sowie systematischen Erhebungen und Analysen. Betrachtet wurden die Organisation und ihre Prozesse im Ganzen. KIVA VI erarbeitete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Organisation interdisziplinärer und fachübergreifender Lehre an der TU Darmstadt und unterstützte die Fachbereiche bei der Formulierung interdisziplinärer Lernziele und -konzepte sowie bei der Identifikation geeigneter Lehr-/Lernformate.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die Ergebnisse mit den Links zu den entsprechenden Produkten. Mögen Sie StudiengangsentwicklerInnen, Lehrenden und auch Studierenden für die interdisziplinäre Lehre Anregung und Werkzeug sein!
Das Teilprojekt KIVA VI: Entwicklung Interdisziplinarität ist mit der ersten Förderphase des Qualitätspakts Lehre ausgelaufen. Die Ergebnisse und Produkte wurden der zentralen Koordination des KI²VA-Projektes übergeben.