KI²VA Gastprofessuren
Kurzporträts

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Dr. Leon Hempel

Name: Hempel

Vorname: Leon

Titel: Dr.

Zu Gast am Fachbereich/Fachgebiet: Fachgebiet Neuere und Neuste Geschichte am Fachbereich 02, Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften; Fachgebiet Raum und Infrastrukturplanung am Fachbereich 13

Gastzeitraum: Wintersemester 2016/17 bis September 2018

Schwerpunkt in der Lehre: Infrastruktur- und Sicherheitsforschung‚ Geschichte und städtischer Ordnung, Theorie sozialen Handelns, Methodenkompetenz

Schwerpunkt in der Forschung: Infrastruktur- und Sicherheitsforschung‚ Geschichte und städtischer Ordnung, Technikgenese und -bewertung, Theorie sozialen Handelns, Technik und Zeit

Heimatuniversität: TU Berlin

Akademische Stationen: TU Berlin

Lehrveranstaltungen an der TU Darmstadt im Sommersemester 2017:

  • 02-04-0120-se: Steuern, Regeln, vor die Lage kommen. Modellierung, Visualisierung und Simulation von Kaskadeneffekten und Kritikalität interdependenter Versorgungsinfrastrukturen
  • 02-04-0120-se: Von der Securitas zur Security. Begriffsgeschichte als Kritik
  • 13-K4-0011-se: Raumentwicklung im nationalen und internationalen Kontext

Was erwartet Studierende in Ihren Lehrveranstaltungen?

Mein Bestreben ist, die Vermittlung der Verbindung zwischen technischen Grundlagen und sozial-und geisteswissenschaftlichen Ansätzen. Ziel ist es, Mensch, Technik, Gesellschaft und Natur in ihren wechselseitigen Zusammenhängen besser zu verstehen. Dabei gilt auch immer wieder die Geschichte mit einzubeziehen. Ohne Geschichte erscheint es mir kaum möglich, den komplexen Zusammenhang interessant und für Studierende attraktiv zu machen. In jedem Artefakt steckt ja eine Geschichte der Aushandlungen und Entscheidungen, die es erst zu dem gemacht haben, was es ist. Die lohnt es, sich erzählen zu lassen. Am besten von den Dingen selbst, durch Beobachtung. Grundlage und Lernziel für das Lehrangebot bildet neben der Themenvermittlung deshalb auch die Vertiefung von Methodenkompetenz. Die Soziologie bietet hier ein breites und gut durchdachtes Spektrum, das auch in anderen Fächern gern genutzt wird. Jeder Entwickler führt heute Interviews, wenn er was erreichen will. Im Seminar zum Netzausbau bildet die empirische Sozialforschung den Schwerpunkt. Gleichzeitig soll aber auch Aushandlung erfahrbar werden. Es ist ein höchstspannendes technisches Feld, das es aber auch aus geisteswissenschaftlicher Sicht in sich hat. Indem Freileitungen in Landschaften eingreifen, adressiert es auch deren soziale Konstruiertheit. Im Seminar zur Resilienz geht es um ein Brückenkonzept, das heute ebenfalls in zahlreichen Disziplinen genutzt wird. Das ist ja kein Zufall. Ziel ist es deshalb, Resilienz als ein Phänomen zu durchdringen und nicht bloß als einen diskursiven Operator zu begreifen, um den aktuellen Status quo zu zementieren. Es gilt, dem Konzept durch die Geschichte zu folgen und zu überlegen, inwiefern es für menschliche aber auch für natürliche Prozesse von Bedeutung ist. Da gibt es zahlreiche Beispiele aus sehr unterschiedlichen Epochen und sehr unterschiedlichen Disziplinen. Im Vordergrund stehen hermeneutische Ansätze. Aber ohne Beobachtung geht es auch hier nicht.

Was ist für Sie in der Lehre besonders wichtig?

Spaß muss es machen, sonst macht es keinen Spaß. Also: Offenheit für Themen, Fairness bei der Vermittlung, Transparenz bei der Bewertung und ein hohes Maß an wechselseitiger Verlässlichkeit.

An der TU und insbesondere im Rahmen von KI²VA wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Feld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten/Fachbereichen?

Meine Ausbildung als Geistes- als auch Sozialwissenschaftler an der TU Berlin ermöglichte mir von Beginn an, Forschungsinteressen an der Schnittstelle von Geistes-, Sozial- und Technikwissenschaften auszuformulieren und in zahlreichen nationalen und internationalen Vorhaben zu erproben. Für die Erarbeitung einer Simulationsplattform von organisationsübergreifenden Kaskadeneffekten gab es sogar einen Preis. Sozialwissenschaftler mit in die Technikentwicklung lohnt sich also. Ich denke, dass ich das an der TU Darmstadt gut fortsetzen kann. Die Seminare, die ich anbiete, adressieren sowohl Ingenieure als auch Geisteswissenschaftler. Das Thema Netzausbau ist besonders spannend, weil es die Technisierung der Landschaft verdeutlicht und damit deren grundsätzliche soziale und Konstruiertheit offenbart. Unsere ästhetischen Erwartungen an die Landschaft sind gleichzeitig massiv historisch geprägt. Allenthalben wird in unserer bilderreichen Welt? gezeigt, wie Landschaft auszusehen hat. Gleichzeitig sind Fragen, wie sich Technik in der Alltagswelt zeigt oder auch verbergen lässt, auch zentrale Fragen für Ingenieure. Sie wirken unmittelbar zurück auf die Konstruktion der Artefakte. Dies zeigt das Erdkabel als radikale Alternative zur Freileitung. Es unter die Erde zu legen, ist weder technisch noch ökonomisch besonders sinnvoll. Der Vorteil liegt insbesondere in der geringen Raumwirkung, so dass Einwirkungen auf das Landschaftsbild und auf das Wohnumfeld von Siedlungen weitgehend vermieden werden können. Der alte Imperativ einer Invisiblisierung von Infrastrukturen wird hier wirksam und induziert Innovation.

Welches Fach oder welches Fächer würden Sie rückblickend als Studienfach interessieren und warum?

Jura. Am Ende spielt da die meiste Musik, um die Kontingenz des Alltags nicht nur zu begreifen, woran vor allem der Sozialwissenschaftler interessiert ist, sondern, aufbauend auf einer jahrtausendealten Überlieferungsgeschichte, auch um Kontingenz sozial produktiv werden zu lassen.

Was erwarten Sie von der TU Darmstadt mit zurück an Ihre Heimatuniversität zu nehmen?

Der interdisziplinäre Ansatz der Universität in vielen Bereichen verspricht Impulse für meine Arbeit. Ich möchte sowohl von den Historikern als auch von den Ingenieuren viel über deren Denkmodelle und Methoden erfahren. Ich hoffe, viele Menschen zu treffen, mit denen sich etwas Sinnvolles auf die Beine stellen lässt, wobei diese Sinnproduktion nicht ausschließlich durch Verwertungs- sondern auch durch Erkenntnisinteresse bestimmt sein sollte. Dies ist ja gerade der Treiber von Interdisziplinarität.